Dass der Reformationstag Feiertag wurde und damit noch einmal stärker ins öffentliche Bewusstsein geraten ist, finde ich erfreulich. Allerdings fiel diese Entscheidung gegen das Votum der jüdischen Vertreter, die auf die skandalösen judenfeindlichen Äußerungen Martin Luthers hinwiesen. Das verpflichtet unsere Kirche gerade am Reformationstag zu einer klaren Positionierung gegen Antisemitismus. Das Christentum ist ohne das Judentum nicht denkbar – weder von seiner religionsgeschichtlichen Entstehung her noch bezüglich seiner aktuellen Theologiebildung. Sondern wir sind eng miteinander verbunden. Darum ist unsere Kirche uneingeschränkt solidarisch mit den jüdischen Gemeinden.
Christinnen und Christen positionieren sich darüber hinaus gegen jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Zur Reformation gehört die Besinnung auf die Heilige Schrift. Und da lesen wir direkt im ersten Kapitel: „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde.“ Hier ist nicht an bestimmte Gruppen von Menschen, sondern an alle Menschen gedacht. Die Ebenbildlichkeit des Menschen besteht in seiner Fähigkeit und seinem Willen zur Partnerschaft. Wir Menschenkinder sind alle aufeinander bezogen. Und ich wage zu sagen: Menschen, die einander partnerschaftlich begegnen, die um das Wohl der anderen bedacht sind und auch über Kontroversen hinweg friedlich miteinander umgehen, sind Gott ähnlich. Die Demokratie lebt von solchen Menschen guten Willens. Christinnen und Christen müssen Demokraten sein!
Friedrich Selter, Regionalbischof für den Sprengel Osnabrück