Eigentlich ein ganz normaler Mittwochnachmittag im Sozialen Laden in Lüstringen: Seit 14 Uhr ist das Geschäft geöffnet. Immer wieder betritt ein Kunde oder eine Kundin die Räume am Stadtweg 63 und schaut nach gebrauchter Kinderkleidung. Christine Starkebaum, Karin Rüngeling oder Monika Budt helfen gerne mit, wenn zum Beispiel Hausschuhe oder Gummistiefel in einer bestimmten Größe gesucht werden. Außerdem gibt es im Sozialen Laden einen großen Tisch. Hier sitzen gerade fünf Kinder, die von der Teamerin Muriel Röse betreut werden. Haben sie eben noch eine Runde Karten gespielt, wollen sie jetzt – „am Sonntag ist Ostern“ – aus alten Socken Osterhasen basteln. Nicht ganz alltäglich ist die Szene, weil Oberbürgermeisterin Katharina Pötter neben den Kindern sitzt. Osnabrücks kommunalpolitisches Oberhaupt lässt sich berichten, was die Kinder in der Ferienbetreuung erleben, die der Arbeitsbereich „Jedes Kind braucht einen Engel“ zu Ostern, im Sommer und im Herbst organisiert. Auch mit den Ehrenamtlichen im Laden hat Pötter sich ausgetauscht.
Ganz offiziell übernimmt die Oberbürgermeisterin an diesem Nachmittag die Schirmherrschaft für die „Gemeinwesendiakonie Osnabrück e.V.“, die seit Mitte letzten Jahres die Trägerschaft für „Jedes Kind braucht einen Engel“ inne hat. Pastor Arne Schipper ist Vorsitzender des Vereins und überreicht Katharina Pötter einen Schirm, der mit kleinen Engeln aus Holz versehen ist. „Diese kleinen Engel bekommen alle Spender*innen, die uns Kleidung, Schuhe, Spiele oder andere Gegenstände für den Weiterverkauf zur Verfügung stellen“, berichtet Schipper. Pötter freut sich: „Das ist eine tolle Idee! Einen Schirm als Symbol für die Schirmherrschaft habe ich tatsächlich noch nicht bekommen.“ Sie als Oberbürgermeisterin unterstütze die Arbeit des Vereins gerne. Es sei wichtig, „Initiativen zu fördern, die vor Ort die Gemeinschaft stärken. Der Bedarf an Treffpunkten in den Stadtteilen steigt. Mit Angeboten wie den Sozialen Läden können wir dem Trend zur Vereinsamung entgegenwirken. Nicht zuletzt unterstützen wir den Willen, nachhaltig zu leben. Deswegen habe ich die Schirmherrschaft gerne übernommen“, so Pötter.
Hinter dem Verein Gemeinwesendiakonie stehen mehrere Evangelisch-lutherische Kirchengemeinden aus dem Osnabrücker Osten und aus Belm, der Kirchenkreis Osnabrück, die Evangelischen Stiftungen Osnabrück und das Diakonische Werk Osnabrück Stadt und Land. Neu ist „Jedes Kind braucht einen Engel“ nicht, das betonen die Vorstandsmitglieder Christiane Mollenhauer und Pastor Arne Schipper ausdrücklich, aber in einer veränderten Struktur zukunftssicher aufgestellt.
Seit Anfang 2008 entstand der Arbeitsbereich unter dem Dach der Petrusgemeinde und entwickelte sich stetig weiter. Der erste Laden mit gebrauchter Kleidung, Schuhen und Spielzeug wurde am 31.10.2011 eröffnet – „übrigens genau hier, wo wir jetzt auch wieder vertreten sind“, berichtet Schipper. Diakon Jörg Christian Lindemann organisierte Sprechstunden und Begleitung für Familien oder das Angebot „Hilfen im Alter“. Im März 2014 folgte der Umzug des Ladens in größere Räume an der Mindener Straße. Verschiedene weitere Angebote kamen hinzu, unter anderem eine „bunte Beratungsstelle“ mit Unterstützung von Diakonie, Caritas sowie der evangelischen und katholischen Kirche. Seit April 2023 ist der Soziale Laden an der Bremer Straße 228 beheimatet, da das Gebäude an der Mindener Straße nicht mehr zur Verfügung stand.
„Immer und an jedem Standort mit sehr viel Unterstützung aus dem Stadtteil und vielen Ehrenamtlichen, die wie helfende Engel da sind, wenn sie gebraucht werden“, beschreibt Schipper die Entwicklung. So habe sich in den vergangenen Jahren gezeigt, „dass einerseits die gemeinwesenorientierte Arbeit vor Ort ein sehr wichtiges Standbein für die Kirchengemeinden ist. Andererseits wurde auch deutlich, dass es hierfür breitere Unterstützung braucht.“ Schipper ist Pastor der Christus-Kirchengemeinde Belm und Vorsitzender des im April 2023 gegründeten Vereins Gemeinwesendiakonie e.V., der die Trägerschaft des Arbeitsbereiches übernommen hat. Ziel sei, die wichtige und etablierte Arbeit von „Jedes Kind braucht einen Engel“ weiterzuführen, die Verantwortung auf mehrere Schultern zu verteilen und weitere Projekte für das Gemeinwesen zu entwickeln. „Im Verein arbeiten nun mehrere Gemeinden unkomplizierter zusammen, bisherige Unterstützer*innen sind dabei und weitere Partner*innen können hinzukommen“, beschreibt Schipper Vorteile der neuen Struktur.
Zum Angebot des Vereins gehören nun zwei Soziale Läden mit Second-Hand-Kleidung, Schuhen oder Spielzeug, die Ferienbetreuung für Kinder zu Ostern, im Sommer und im Herbst, Digital-Treff als Hilfe für den Umgang mit Handy, Tablet oder Laptop sowie weitere Angebote für Miteinander im Stadtteil, Begegnung und Austausch. Über 60 Personen sind unter dem Dach des Vereins ehrenamtlich aktiv, außerdem gibt es drei Angestellte und eine Bundesfreiwilligendienstleitende.