Es ist ein kleiner Aufkleber, der seit Mittwoch am Eingang des Gemeindehauses der Evangelisch-lutherischen Martinsgemeinde in Hellern klebt: Er zeigt eine Flagge mit einem Regenbogen und ist eines der ersten sichtbaren Symbole für eine Aktion, die die Evangelische Jugend in den Kirchenkreisen Osnabrück, Melle-Georgsmarienhütte und Bramsche initiiert hat. „Wir fordern alle Gemeinden in den drei Kirchenkreisen auf, ein Zeichen für Offenheit und Toleranz zu setzen und an allen Gebäuden diese Aufkleber anzubringen“, sagt Diakon Kimm Herlyn, Jugendwart im Kirchenkreis Osnabrück. Gemeint ist die Aufgeschlossenheit gegenüber allen Menschen – unabhängig von der sexuellen Orientierung, der Identifikation mit dem Geburtsgeschlecht oder ob sie mit weiblich und männlich konnotierten Geschlechtermerkmalen geboren wurden.
Große Fülle von Lebensrealitäten
„Es gibt eine große Fülle von Lebensrealitäten, das ist in den letzten Jahren deutlich geworden. Wir möchten deutlich machen, dass wir als Kirche uns mit diesem Reichtum auseinandersetzen und ihn akzeptieren“, betont Herlyn, der gemeinsam mit den Kirchenkreisjugendwarten Henning Enge (Kirchenkreis Melle-Georgsmarienhütte) und Stephan Egbert (Kirchenkreis Bramsche) die Initiative gestartet hat. „Wir sind davon überzeugt, dass vor Gott alle Menschen mit der gleichen Würde ausgestattet sind. Und dass es an der Zeit ist, diese Überzeugung auch nach außen zu tragen“, so Herlyn. Denn es sei auch wahrzunehmen, dass queere Menschen Beleidigungen und Benachteiligungen erleben müssten oder sogar körperlichen Angriffen ausgesetzt seien. „Hier setzen wir in den drei Kirchenkreisen – und damit in der Stadt und dem Landkreis Osnabrück – ein deutliches Zeichen entgegen. Der Regenbogen ist ein Symbol des Bundes zwischen Gott und den Menschen und zeigt auch die Verbundenheit der Menschen untereinander. So wird klar: Bei uns sind alle Menschen willkommen!“, ergänzt Herlyn.
In der Martinsgemeinde hat der Kirchenvorstand einstimmig entschieden, den Aufkleber anzubringen. „Darüber mussten wir keine große Diskussion führen, wir waren uns sehr schnell einig, dass wir die Initiative der Jugend unterstützen“, berichtet Pastor Thomas Herzberg im Kreis von hauptamtlichen Kolleg*innen aus der Kinder- und Jugendarbeit im Kirchenkreis Osnabrück, die an diesem Vormittag in den Räumen der Martinsgemeinde zu Gast sind.
Weitere Veranstaltungen geplant
Für die Evangelische Jugend geht das Thema im gesamten Jahr weiter. „Es stehen noch verschiedene Veranstaltungen an, unter anderem nehmen wir als Hauptamtliche aus dem Kirchenkreis Osnabrück an einem Fachtag der Stadt Osnabrück teil“, kündigt Kimm Herlyn an. Im Mai werde es eine Bibelarbeit zum Thema „Queere Jugendarbeit“ geben. Außerdem seien ein Kinoabend und ein Austausch mit der queeren Gemeinde in Münster geplant. Zusätzlich ist in verschiedenen Kirchengemeinden eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema in Vorbereitung, die die Kirchenkreisjugendwarte begleiten.
An der Großen Schulstraße in Hellern sind inzwischen zwei Aufkleber platziert: der erste am Gemeindehaus, der zweite an der Tür zum grauen Holzhaus zwischen Kirche und Gemeindehaus. „Das ‚Kleine Haus‘ ist das Gebäude für die Jugendlichen in der Gemeinde“, berichtet Pastor Herzberg. Dass weitere Gemeinden beim Beispiel aus Hellern folgen werden, weiß Kimm Herlyn aus Gesprächen mit den Kolleg*innen. „Einige wollen sich mit dem Thema intensiver auseinandersetzen. Andere warten jetzt nur noch auf den Aufkleber“, sagt der Kirchenkreisjugendwart, der sich über die breite Unterstützung freut.