Frau Heßling, seit Mai dieses Jahres gehören Sie zum Seelsorgeteam im Klinikum Osnabrück. Ist dieses Arbeitsfeld neu für Sie?
Heßling: Nein, das ist es nicht. Seit Juni 2014 war ich in Bad Rothenfelde in der Klinikseelsorge im Einsatz, in der Schüchtermann-Klinik, einem Herzzentrum, und örtlichen Rehakliniken. Voraussetzung für die Tätigkeit in der Klinikseelsorge ist eine vertiefende, spezialisierende Ausbildung, die ich ab 2014 absolviert habe: zunächst die Klinische Seelsorgeausbildung am Zentrum für Seelsorge und Beratung der Landeskirche Hannovers und von 2018 bis 2021 eine Weiterbildung in Körperorientierter Seelsorge. Mittlerweile bin ich seit über neun Jahren in der Klinikseelsorge tätig.
Wie kam der Wechsel nach Osnabrück zu Stande?
Heßling: Meine Stelle in Bad Rothenfelde war befristet, wie es die meisten Stellen in der Klinikseelsorge sind. Die Bewerbung in Osnabrück war erfolgreich und ich empfinde es als großes Glück, weiter in meinem Arbeitsfeld tätig sein zu dürfen.
Was gefällt Ihnen an der Arbeit im Krankenhaus?
Heßling: Die Seelsorge im Krankenhaus gehört für mich zu einer der Grundaufgaben im pastoralen Dienst. Oft bleibt im Gemeindepfarramt wenig Zeit, wie früher Menschen aus der Gemeinde auch im Krankenhaus zu besuchen. Außerdem spezialisieren sich immer mehr Krankenhäuser, so dass die Patient*innen weitere Wege für Behandlungen zurücklegen müssen und deswegen nicht in ihrer Heimatgemeinde stationär versorgt werden können. Dann ist es gut, wenn Seelsorger*innen in den Kliniken im Einsatz sind, um für die Menschen da zu sein.
Wie verläuft Ihre Arbeit in der Klinik?
Heßling: Seelsorger*innen sind für alle Menschen in der Klinik da. Dafür ist es wichtig, vor Ort zu sein und mit offenen Augen und Ohren im Krankenhaus unterwegs zu sein. Meine Kolleg*innen und ich begleiten Menschen hier im Klinikum, wenn sie als Patient*innen in Behandlung sind. Manchmal werden wir von den Mediziner*innen oder den Pflegekräften gerufen. Aber auch durch die Grünen Damen und Herren, die im Klinikum Besuche machen, werden wir auf Patient*innen aufmerksam gemacht. Manchmal wendet sich jemand auch selbst mit dem Wunsch nach einem Gespräch an uns. Neben den Patient*innen und ihren Angehörigen sind wir natürlich für alle Mitarbeitenden des Klinikums, das ärztliche Team oder das Pflegepersonal da, wenn das gewünscht wird.
Um welche Themen geht es in diesen Gesprächen?
Heßling: Das ist sehr unterschiedlich. Mir geht es immer um den einzelnen Menschen und seine Fragen. Oft stehen existenziell relevante Themen im Mittelpunkt. Für viele Patient*innen bedeutet eine Krankheit eine Erschütterung des Lebens, die vieles in Frage stellt. Manche Menschen werden mit einer Diagnose konfrontiert, die ihr Leben verändert. Um die Endlichkeit des Lebens wissen wir im Prinzip alle, das ist aber abstrakt. Im Krankenhaus sind jetzt Menschen, die persönlich betroffen sind von Krankheit oder Unfällen und die damit nun irgendwie umgehen müssen.
Ist es so, dass mit schwerwiegenderen Diagnosen der Bedarf an Seelsorge steigt?
Heßling: Das ist tatsächlich sehr individuell. Auch das Gesprächsthema ergibt sich nicht automatisch aus der Diagnose. Vielleicht spielen gerade auch andere Anliegen eine wichtige Rolle für den Menschen. Seelsorge orientiert sich darum immer am Gegenüber. So begleite ich die Menschen, die das wünschen, und versuche ein Stück weit mitzuhelfen, sie in ihrer Situation zu stabilisieren. Ich höre zu und suche zusammen mit meinen Gesprächspartner*innen nach Antworten. Seelsorge ist dann im besten Fall so etwas wie geglückte Begegnung und ein Raum für die Gefühle und Fragen, die gerade da sind. Es ist eine Möglichkeit für sich zu sortieren und zu klären und dabei vertraulich und offen reden zu können. Es ist die wichtige Erfahrung, nicht allein oder alleingelassen zu sein in dieser Situation des Krankenhausaufenthalts. Manchmal beten wir dann auch gemeinsam oder ich spreche einen Segen. Wenn ich die Rückmeldung erhalte, dass Menschen in der Klinik „die Kirche“ anders oder auch neu erleben, als zugewandt und hilfreich, dann freue ich mich, dass Menschen diese Erfahrung machen konnten.
Vielen Dank für das Gespräch!