Mit einem Festgottesdienst, Grußworten, Empfang und nicht zuletzt einem facettenreichen Musikprogramm hat die Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde St. Katharinen am Ostersonntag den ersten Bauabschnitt ihrer neuen Orgel eingeweiht. Das Instrument trägt den Namen „Friedensorgel“ und erklang nach sechs Wochen Bauzeit in der Kirche zum Gloria in der Osternacht zum ersten Mal für alle hörbar. Im Festgottesdienst zur Einweihung demonstrierte Kantor Arne Hatje die große Bandbreite der Orgel mit instrumentalen Stücken von Johann Sebastian Bach, Franz Xaver Schnizer und Zsolt Gárdony, Improvisationen zu den Gemeindeliedern sowie mit der Begleitung des Bach-Chores und des Gemeindegesangs. Mit stehenden Ovationen und viel Beifall zollten die etwa 350 Gäste – darunter Schirmherr Bundespräsident a.D. Christian Wulff, Regionalbischof Friedrich Selter, Superintendent Dr. Joachim Jeska, Vertreter*innen aus Politik und Kirchengemeinden sowie die verantwortlichen Orgelbauer Andreas und Mathias Metzler aus der Schweiz – in der St.-Katharinen-Kirche der Friedensorgel Lob und Anerkennung.
„Es ist ein Festtag in unserer Gemeinde und in unserer Stadt. Die Friedensorgel ist ein Kunstwerk“, sagte Pastorin Andrea Kruckemeyer. Voller Ehrfurcht, Dankbarkeit und auch mit ein wenig Stolz schauten die Gemeinde und alle am Orgelbau beteiligten Menschen auf die neue Orgel in St. Katharinen. „Eine Orgel ist die Königin der Instrumente und wir sind froh und glücklich, dass nun eine Metzler-Orgel hier bei uns steht. Deswegen ist die Einweihung heute ein besonderer Tag für uns alle, die sich in den vergangenen mehr als zwölf Jahren mit der Orgel beschäftigt haben“, blickte Kruckemeyer auf die verschiedenen Phasen der Umsetzung zurück.
Glaube braucht Musik
Regionalbischof Friedrich Selter schlug in seiner Predigt den Bogen vom Osterfest, dem Gruß „Friede sei mit euch!“, den der auferstandene Jesus seinen Jünger zuspricht, zur Rolle, die die Musik im Glauben einnehme. „Musik berührt uns alle. Darum braucht unser Glaube Lieder, denn manche Glaubenssätze kann man kaum sagen, sondern nur singen“, sagte Selter. Er wies auf den faszinierenden Klang der Friedensorgel hin, der von kräftigen, runden Tönen über strahlende Trompetenregister und die zarte Viola d‘Amore bis zu Flöten verschiedene Stimmen habe und so unterschiedliche Stimmungen ausdrücken könne. „So verleiht die Orgel unserem Gesang Flügel, trägt unsere Stimmen über uns selbst hinaus und lässt uns beim konzertanten Vortrag etwas ahnen von der Herrlichkeit dessen, der größer ist als wir“, so Selter. Mit dem Wort „Friede sei mit euch!“ solle auch die neue Orgel für immer verbunden sein. Ihre Klänge sollten Gottes Frieden auf Erden verkündigen unter den Menschen. „Wie in der Friedensstadt Osnabrück vor 375 Jahren der Westfälische Frieden verhandelt wurde, so wünschen wir uns heute nichts sehnlicher, als dass in der Ukraine oder im Nahen Osten oder wo auch immer Kriege toben, endlich wieder Friede herrscht“, betonte Selter.
„Frieden muss neu gestiftet werden“
Dass im Jahr 2011 Frieden schon fast eine Selbstverständlichkeit und die Welt eine andere gewesen sei als heute, hob Bundespräsident a.D. Christian Wulff als Schirmherr der Friedensorgel in seinem Grußwort hervor. „Der Krieg ist zurückgekehrt nach Europa und auch hier muss Frieden neu gestiftet werden“, erklärte Wulff. Oft genug seien Religionen, aber auch Musik, missbraucht worden, um Kriege zu führen. Es bedürfe der richtigen Kontexte, in denen Religion und Musik friedensstiftend wirken könnten. Damit Frieden gelingen könne, brauche es das Hinhören, das Zuhören und das gemeinsame Nachdenken. „Wir sind alle gefordert etwas zu tun“, sagte Wulff und wies darauf hin, dass auch bei der Friedensorgel noch weitere Bauabschnitte vorgesehen seien, die ebenfalls der Unterstützung bedürften. Er lobte die bisherige großartige Zusammenarbeit für die Orgel und den Einsatz von Pfarramt, Kirchenvorstand, Orgelbauverein und Gemeinde, die „alle Register gezogen und viele Pedale getreten haben, damit die Orgel nun gespielt werden kann. Dass sie das hier gemeinsam mit dem Bach-Chor tut, freut mich als Präsidenten des Deutschen Chorverbandes ganz besonders.“
Für den Evangelisch-lutherischen Kirchenkreis Osnabrück überbrachte Superintendent Dr. Joachim Jeska herzliche Glückwünsche zur Einweihung der Friedensorgel. Innerhalb des Kirchenkreises bildeten die Gemeinden unterschiedliche Profile aus und „das ist auch so gewollt. Es muss Zentren mit hochwertigen Instrumenten geben, während andere Gemeinden ihre Pfeifenorgeln gegen digitale Orgeln austauschen“, berichtete Jeska. Die neue Orgel in St. Katharinen stehe für Friedensbildung, die Orgel selbst symbolisiere das Zusammenklingen verschiedener Stimmen, das auf die Gesellschaft übertragbar sei. „Jetzt geht es auch um inhaltliche Friedensarbeit, die ein so großes Desiderat ist in unseren Tagen“, meinte Jeska.
Dank für vielfältige Unterstützung – Weitere Ziele sollen umgesetzt werden
Jan David Dreyer, Vorsitzender des Fördervereins zur Errichtung der Friedensorgel und zur Förderung der Kirchenmusik an St. Katharinen, betonte, dass für den Bau der Orgel ein langer Atem notwendig gewesen sei. „Als Hobbyläufer weiß ich, dass man zum Erreichen eines großen Zieles oft den zweiten Atem benötigt“, zog er einen Vergleich zum Laufsport. Bis zur Realisierung des Zwischenzieles – dem Aufbau des aktuellen ersten Abschnitts der Friedensorgel – habe eine beeindruckende Wegstrecke mit Höhen und Tiefen zurückgelegt werden müssen. Dank gelte vielen Beteiligten, unter anderem dem Orgelsachverständigenausschuss, dem Kirchenvorstand der Gemeinde St. Katharinen, dem Orgelausschuss in der Gemeinde sowie dem Orgel-Netzwerk. Wichtige Unterstützung hätten außerdem die hannoversche Landeskirche, der Kirchenkreis Osnabrück und das Kirchenamt Osnabrück geleistet. „Der Dank gilt auch vielen Institutionen und Stiftungen, die sich von unserer Vision eines großartigen Musikinstruments für die musikalische Friedensarbeit haben begeistern lassen: Sparkasse Osnabrück, OLB, Stiftung Osnabrücker Club, Zoo-Lotterie, Accordeos-Stiftung (Schweiz), Stiftung Stahlwerk Georgsmarienhütte und die Fuchs-Stiftung“, sagte Dreyer. Das jetzt erreichte Ziel sei nur ein Zwischenziel, die Planungen des Sachverständigenausschusses seien zu zwei Dritteln umgesetzt. Weitere Bauabschnitte sollten folgen, „um letztlich das gesamte orgelmusikalische Spektrum spielen zu können“, so Dreyer.
Für die Orgelbau-Firma Metzler „ist diese Feier auch ein großer Tag des Dankes“, sagte Orgelbaumeister Andreas Metzler für das Schweizer Familienunternehmen. Tischler, Pfeifenmacher und Orgelbauer hätten viel Arbeit in die Orgel gesteckt. „Die wochenlange Bemühung um jeden Ton hat funktioniert. Und ich bin ganz erleichtert nach diesem Vormittag mit der Orgel. Man merkt erst im großen Festgottesdienst, wie es das Instrument schafft, dass die Herzen der Menschen berührt werden“, berichtete Metzler.
Kantor Arne Hatje freute sich über die gelungene Premiere der Friedensorgel. „Es ist das größte Ereignis, das ich mir vorstellen konnte. Auch wenn die Zuhörer*innen das nicht gemerkt haben, habe ich lange unter der alten Ott-Orgel gelitten. Jetzt freue ich mich über die Lebendigkeit, die Farbe, die Poesie und die Kraft in der neuen Orgel“, sagte Hatje, der zur Einweihung der Orgel ein Programm für eine Festwoche zusammengestellt hat. Im Anschluss an den Festgottesdienst folgte eine Orgel-Matinée mit Stücken von Johann Sebastian Bach, Georg Muffat und Henry Purcell.
Die Liturgie des Festgottesdienstes gestalteten Pastorin Andrea Kruckemeyer, Pastor Otto Weymann und Pastor Jan Edelstein. Die Predigt hielt Regionalbischof Friedrich Selter. Die musikalische Gestaltung übernahmen der Bach-Chor Osnabrück an St. Katharinen und Kantor Arne Hatje (Leitung und Orgel).