Seit September wohnt das Pastorinnenehepaar Ellen und Stefanie Radtke im Pfarrhaus der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde St. Michaelis in Osnabrück-Eversburg. Am ersten Advent, Sonntag, 3. Dezember, findet um 15 Uhr der Einführungsgottesdienst für die beiden Pastorinnen in der St.-Michaelis-Kirche, Kirchstraße 7, 49090 Osnabrück, statt.
Bis Anfang war November war Ellen Radtke nach der Geburt der zweiten Tochter in Elternzeit, während Stefanie Radtke im Oktober offiziell ihren Dienst begonnen hat. Nun teilt sich das Paar eine volle Pfarrstelle in der Kirchengemeinde. Gemeinsam stehen sie auch regelmäßig vor der Kamera, um Inhalte für den Youtube-Kanal und das Instagram-Profil „Anders Amen“ aufzuzeichnen. Über diese Medien erreichen die Radtkes knapp 29.000 Abonnent*innen (Youtube) oder 23.000 Follower*innen (Instagram). Über ihren Werdegang, den Weg nach Osnabrück und erste Ziele der Arbeit berichten die beiden 38-jährigen Theologinnen im Gespräch.
Ehepaar Radtke, zunächst ein später Glückwunsch zur Geburt Ihrer zweiten Tochter. Fritza Marie wurde in Osnabrück geboren?
Ellen Radtke: Vielen Dank! Ja, das stimmt. Sie kam im September in Osnabrück zur Welt. Wir sind sehr dankbar, dass es der Kleinen gut geht und unsere ältere Tochter gut mit dem Umzug nach Osnabrück zurechtkommt.
Seit Oktober beziehungsweise November sind Sie in der St. Michaelis-Gemeinde im Dienst. Wie gut konnten Sie die Gemeinde bisher kennenlernen?
Stefanie Radtke: Wir sind mittendrin. Unser Start in der neuen Gemeinde ist geprägt vom Sondieren und Beobachten, aber genauso auch von vielen Alltagsfragen, wenn etwa die Heizung im Pfarrhaus repariert werden oder eine Liste mit Kandidat*innen für die im März 2024 anstehende Wahl zum Kirchenvorstand fertiggestellt werden muss. Außerdem waren die Stellen in Gemeindebüro und Küsterdienst nicht besetzt. Das sind schon fordernde Aufgaben, weil wir hier ganz neu sind.
Ellen Radtke: Dabei haben wir sehr viel fachliche Unterstützung durch viele helfende Hände aus dem Kirchenkreis und dem Kirchenamt bekommen. Das war und ist beim Einstieg eine wertvolle Hilfe.
Stefanie Radtke: Gleichzeitig sehen wir schon jetzt das Potenzial, dass die Gemeinde ein Ort sein kann, an dem manches nicht so läuft, wie es immer war. Wir lernen die Gemeinde kennen und freuen uns darauf, in den nächsten Jahren gemeinsam mit dem Kirchenvorstand die Entwicklung von St. Michaelis weiterzubringen.
Welche Ideen gibt es bereits?
Ellen Radtke: Wir müssen uns natürlich fragen: Wer sind wir und wo wollen wir hin? Die Gemeinde hat einen Standort, der fast wie ein Campus einer Hochschule ist. Kirche, Gemeindehaus und Kita liegen auf einem Gelände nah beieinander. Das fanden wir bei unserem ersten Besuch sofort sympathisch.
Stefanie Radtke: Eine Idee wäre zum Beispiel, dass hier an der Kirche für den Stadtteil ein Platz entsteht, auf dem sich Familien am Nachmittag gerne aufhalten, wo Kinder auf einem Spielplatz toben können, Eltern sich mit Getränken versorgen oder in einem Café sitzen können. Vielleicht können hier auch Automaten aufgestellt werden, an denen Besucher*innen regionale Produkte einkaufen können. Eine andere Idee ist die Entwicklung hin zu einer Kasualkirche. Das ist natürlich nichts, was wir alleine entscheiden wollen oder können, sondern das werden wir gemeinsam mit dem künftigen Kirchenvorstand begleiten.
Was reizt Sie am Beruf Pastorin? Ist die enge Zusammenarbeit mit der Ehepartnerin schwierig?
Stefanie Radtke: Nein, überhaupt nicht. Da wir sehr unterschiedliche Schwerpunkte in der Gemeindearbeit wichtig finden, kann jede von uns ihre eigenen Stärken einbringen. Ellen mag Kasualien wie Trauungen oder Beerdigungen und ist eine hervorragende Seelsorgerin.
Ellen Radtke: Stefanie ist die Jugendarbeit wichtig. Sie arbeitet gerne mit den Menschen, so wie sie ihr anvertraut sind. Außerdem stellt sie oft Verbindungen her und ist eine gute Networkerin. Das macht es so attraktiv, gemeinsam ein Gemeindepfarramt zu betreuen.
Stefanie Radtke: Und – das ist auch neu für uns – hier von Anfang an gemeinsam zu starten. Das hatten wir bisher nicht, denn jede hat für sich Vikariat und Probedienst gemacht, um sich eigenständig entwickeln zu können. In St. Michaelis haben wir zum ersten Mal von Anfang an eine gemeinsame Stelle und darüber freuen wir uns. Wir sehen es als Gottesgeschenk an, dass wir uns mit unseren unterschiedlichen Fähigkeiten so gut ergänzen und können deswegen sehr gut zusammenarbeiten.
Welche Stationen haben Sie nach Osnabrück geführt?
Stefanie Radtke: Ich bin in Berlin aufgewachsen und habe dort mein Abitur gemacht. Nach dem Studium in Halle an der Saale und Berlin habe ich ab 2014 mein Vikariat in Brandenburg absolviert. Dort war ich in 18 verschiedenen Dorfkirchen unterwegs. Ab 2017 war ich für den Probedienst in Eime im Kirchenkreis Hildesheimer Land-Alfeld, ebenfalls eine Gemeinde in ländlicher Umgebung.
Ellen Radtke: Ich bin in Rheine geboren, aufgewachsen und habe das Abitur gemacht. Das Theologie-Grundstudium habe ich in Bethel bei Bielefeld absolviert und bin für das Hauptstudium nach Berlin gegangen. Dort habe ich nach dem Examen auch das Vikariat gemacht und in Brandenburg meinen Probedienst abgeschlossen. Danach führte mein Weg zur Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Hannover, wo ich im Zentrum für Genderfragen gearbeitet habe. Anschließend habe ich im Projekt „Digitales Dorf“ beim Haus kirchlicher Dienste der Landeskirche Hannovers und als Springer-Pastorin im Kirchenkreis Hildesheimer Land-Alfeld gearbeitet. Ab Anfang 2020 haben wir uns die Pfarrstelle in Eime geteilt.
Neben dem Dienst in der Gemeinde sind Sie seit Anfang 2020 unter dem Titel „Anders Amen“ auf sozialen Medien präsent, zum Beispiel bei Youtube und Instagram. Ist das auch Teil Ihres Dienstes in der Landeskirche Hannovers?
Stefanie Radtke: Ja, das ist es. Wir haben „Anders Amen“ Anfang 2020 begonnen und das zunächst nebenbei und ehrenamtlich gemacht. Die Entwicklung ging sehr rasant und die Arbeit nahm immer mehr Zeit in Anspruch. Das hat die Landeskirche gesehen und seit 2022 gibt es für „Anders Amen“ eine bis Ende 2024 befristete volle Pfarrstelle, die wir uns teilen.
Wird jetzt auch die Gemeinde in Osnabrück bei „Anders Amen“ Thema sein?
Stefanie Radtke: Ja, ähnlich wie unsere vorherige Gemeinde auch. St. Michaelis war schon am Rande zu sehen und das wird auch künftig so sein. Dass wir mit „Anders Amen“ verbunden sind, wusste die Gemeinde, als wir uns auf die Stelle beworben haben.
Ellen Radtke: Natürlich gibt es auch andere Themen bei „Anders Amen“, die nicht direkt mit unserer Gemeindearbeit zu tun haben.
Wie kam Ihr Wechsel nach Osnabrück zustande?
Ellen Radtke: Unsere Stelle in Eime hatten wir im Herbst 2022 abgegeben, um in Elternzeit zu gehen. Für die Zeit haben wir unseren Wohnort zu meinen Eltern nach Rheine verlegt. Vor etwa einem Jahr waren wir in Osnabrück zu Besuch und wurden von Frank Waniek angesprochen, einem Mitglied im Vorstand des Kirchenkreises Osnabrück. Wenig später meldete sich Superintendent Dr. Joachim Jeska via Instagram-Nachricht bei uns und so ist der Kontakt nach Osnabrück und zur St.-Michaelis-Gemeinde entstanden.
Stefanie Radtke: Dass die Entfernung zwischen Osnabrück und Rheine, wo Großeltern leben, überschaubar ist, war sicherlich auch ein Pluspunkt bei der Entscheidung für St. Michaelis. Es gibt hier ein schönes Pfarrhaus, die Kirche gefällt uns gut und wir freuen uns auf die Zeit in Osnabrück.
Vielen Dank für das Gespräch!