Die gute Nachricht vorweg: Ostern findet statt. Gerade in diesem Jahr nach über zwölf Monaten Corona. Die Zeit der Pandemie ist auch Passionszeit. Leiden ist ja nicht verrechenbar. Ob am Kreuz oder am Krankenbett oder in der Einsamkeit: Die leidvolle Erfahrung, von Gott verlassen zu sein, Gebete ins Leere gesprochen zu haben, ist jeweils die Gleiche. Dennoch: Ostern findet statt. In der Mitte der Nacht liegt der Anfang eines neuen Tages. Und in ihrer Dunkelheit blüht die Hoffnung. Gebrochenes Leben wird wieder heil. Ermattete Hoffnung atmet neue Kraft. Ostern findet statt.
Aber Mühe macht es schon, die Freude groß werden zu lassen. In Zeiten der Sorge und Not rücken Menschen zusammen, ebenso wie in Zeiten der Freude. Gerade das ist jetzt zu Karfreitag und Ostern nicht möglich, obwohl es gerade hier so guttäte. Seitdem im November der Lockdown angeordnet werden musste, ist die Situation eher noch schwieriger geworden. Die zweite Welle ist mit der Mutation des Virus in die dritte übergangen. Dazwischen keine Zeit zum Atemholen, das Gefühl, nicht mehr von der Stelle zu kommen. Stattdessen Angst, Sorgen und Trauer: Sei es die Trauer um diejenigen, die an Covid 19 sterben mussten, sei es die Sorge um gefährdete Angehörige, sei es die Angst vor eigener Ansteckung: Todesspuren haben sich in unserer Welt geschliffen, die uns so sicher schien, die Unverfügbarkeit und Zerbrechlichkeit unseres Lebens stehen uns vor Augen.
Auch Ostern ändert nichts daran: Unser Leben bleibt uns unverfügbar. Aber auch der Tod verfügt jedenfalls nicht darüber. Ostern spricht der Auferstandene: „Ich lebe und ihr sollt auch leben.“ Das ist meine Hoffnung: Unser Leben steht in Gottes Hand. Und er lässt uns nicht fallen. Diese Hoffnung wollen wir in unseren Gottesdiensten weitergeben.
Im Gegensatz zum zurückliegenden Jahr dürfen Gottesdienste in diesem Jahr stattfinden. Wo Gemeinden sich entscheiden, Gottesdienste in Präsenz zu feiern, wird das unter strikten Hygiene- und weiteren Vorsichtsmaßnahmen erfolgen. Trost und neue Hoffnung wollen von Mensch zu Mensch gesagt sein, digital vermittelt, auf Papier geschrieben, zum Mitnehmen im Vorbeigehen und eben auch von Angesicht zu Angesicht. Zwischenzeitlich hatte unsere Bundesregierung die Kirchen gebeten, keine Präsenzgottesdienste von Gründonnerstag bis Ostermontag zu feiern. Gemeinsam mit der Aufhebung der angekündigten erweiterten Osterruhe ist auch diese Maßgabe wieder zurückgenommen worden. Dieses Hin und Her stresst nicht zum ersten Mal in der Coronakrise. Aber mehr, als dies den Entscheidungsträgern zur Last zu legen, sollten wir anerkennen, dass Politikerinnen und Politiker die Verantwortung für schwierige Entscheidungen übernehmen. Es ist doch offensichtlich, welche große Sorge um die Bevölkerung und auch die Wirtschaft dahintersteckt.
In der Predigt zu meiner Einführung als Regionalbischof habe ich programmatisch ein Bild von einer Kirche gezeichnet, die sich dem Schweren stellt und danach sucht, wem sie hilfreiche Nächstenliebe erweisen kann und bei all dem zugleich das Leben feiert. Deutlicher als in früheren Jahren erkennen wir, wie eng nicht nur im Gottesdienst, sondern auch im Leben Passion und Ostern verwoben sind. Für mich ein Grund für Zuversicht: Es ist Corona. Aber es ist auch Ostern. Wir kommen da durch.
Friedrich Selter, Regionalbischof im Sprengel Osnabrück