Mit einer Abendveranstaltung informieren der pax-christi-Regionalverband OS/HH, Exil e.V. und Friedensort Osnabrück über das Szenario „Sicherheit neu denken“. Dieses Prinzip der Stärkung ziviler Krisenprävention wird seit mehreren Jahren in einem Arbeitskreis der Badischen Landeskirche entwickelt. Es zeigt auf, wie Deutschland analog zum Ausstieg aus der Atom- und Kohleenergie auch den Bereich der Sicherheitspolitik von einer militärischen Dominanz auf eine vornehmlich zivile Politik umstellen könnte. Entstanden ist eine 165 Seiten starke Veröffentlichung, die wesentliche Ideen und Schritte vorstellt. Am Donnerstag, 16. September, ist mit Ralf Becker der Koordinator und Mitautor des Szenarios in Osnabrück zu Gast. Im Vorfeld erläutert er das Thema im Interview.
Frage: Herr Becker, Sie haben das Szenario „Sicherheit neu denken“ mit entwickelt. Wie lässt es sich zusammenfassen?
Ralf Becker: Das Szenario beschreibt das Ziel einer zivilen Außen- und Sicherheitspolitik ohne Militär. Es skizziert Schritte und Etappen dorthin und zeigt in verschiedenen Politikfeldern den möglichen Weg zu einer Gesellschaft, die auf Gewaltprävention und Kooperation setzt. Dazu beschreibt das Szenario fünf Pfeiler ziviler Sicherheitspolitik: 1. gerechter Wirtschafts- und Lebensstil, 2. nachhaltige Entwicklung der EU-Anrainerstaaten, 3. Entwicklung einer globalen zivilen Sicherheitsarchitektur, 4. resiliente Demokratie, 5. Konversion der Bundeswehr und der Rüstungsindustrie.
Grundlage des Szenarios sind bereits erprobte und realisierte Instrumente ziviler Prävention, gerechtes Wirtschaften, die Förderung nachhaltiger Entwicklung im Nahen Osten und Afrika sowie eine Wirtschafts- und Sicherheitspartnerschaft mit Russland beziehungsweise der Eurasischen Wirtschaftsunion. So könnte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zur polizeilichen Sicherheitsorganisation für Europa ausgebaut und die Bundeswehr komplett zum Technischen Hilfswerk transformiert werden.
Die Organisation der Vereinten Nationen (UNO) könnte um ein Vielfaches wirksamer sein als heute, sodass nationale Armeen zunehmend überflüssig werden. Wir zeigen auf, wie wir 80 Milliarden Euro jährlich, das entspricht 2 Prozent unserer Wirtschaftsleistung, statt in militärische Sicherheitspolitik in eine nachhaltig wirksame zivile Sicherheitspolitik investieren könnten.