Insgesamt 83 Jahre Berufserfahrung verabschieden drei Kirchengemeinden und der Evangelisch-lutherische Kirchenkreis Osnabrück am Sonntag, 12. Juni, in den Ruhestand. Bei einem regionalen Gottesdienst in der St.-Michaelis-Kirche wird um 10 Uhr Diakon Waldemar Kerstan aus seinem Dienst entpflichtet. Um 14:30 Uhr beginnt der Festgottesdienst zur Verabschiedung von Diakon Dirk Hartung in der Lutherkirche. „Mit zwei weinenden Augen lassen wir Waldemar Kerstan und Dirk Hartung in den wohlverdienten Ruhestand ziehen. Die kreative Mitarbeit, der Einsatz für die Gemeinden und das Engagement dieser beiden Urgesteine der kirchlichen Arbeit werden wir sehr schmerzlich vermissen. Wir sind von Herzen dankbar für all ihren Dienst in unserer Kirche“, sagt Superintendent Dr. Joachim Jeska.
Vom Starkstromelektriker zum Diakon
Seit Anfang 2020 ist Waldemar Kerstan in Osnabrück als Diakon für die Nordwestgemeinde und die St.-Michaelis-Gemeinde im Einsatz. Privat gab es die Verbindung in die Hasestadt schon lange, denn Kerstan wuchs im Widukindland auf und erlebte in der dortigen Timotheusgemeinde eine „tolle Jugendarbeit“. Auf Anregung des damaligen Pastors Waldemar Schnare kündigte Kerstan einige Jahre nach Ausbildung und Berufstätigkeit seinen Job als Starkstromelektriker und begann eine Ausbildung zum Diakon in der Evangelischen Missionsschule in Unterweissach. Im Oktober 1981 wurde er als Diakon für die Kinder- und Jugendarbeit in der Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Altenau im Oberharz eingestellt. Fünf Jahre später übernahm er das Amt des ersten Kirchenkreisjugendwartes im Kirchenkreis Clausthal-Zellerfeld.
Im Oktober 1988 wechselte Kerstan gemeinsam mit seiner Familie nach Meppen, um seinen neuen Dienstauftrag als Kirchenkreisjugendwart Emsland-Bentheim zu übernehmen. „Viele Jugendfahrten, Seminare, die Aus- und Fortbildung von Ehrenamtlichen und sehr viele Großveranstaltungen prägten diese Zeit“, berichtet Kerstan. Da die Familie schon seit 2012 wieder in Osnabrück lebte und sich die Nachfolge im Kirchenkreisjugenddienst in Meppen nahtlos regeln ließ, entschied sich Kerstan Ende 2019 für einen Wechsel nach Osnabrück. „Für mich begann im Januar 2020 eine interessante Zeit mit der Kinder- und Jugendarbeit in den Gemeinden St. Michaelis und Nordwest. Aber schon im März kam der Corona-Lockdown und ich musste völlig neu überlegen, was man nun anbieten kann“, berichtet Kerstan. So entstanden eine begehbare Weihnachts- und eine Osterkrippe, Video-Krippenspiele, Kindergottesdienst-Filme oder Einkaufsangebote für Ältere. Seit einem knappen Jahr gehörte Kerstan außerdem zum Vorbereitungsteam für den Osnabrücker Kinderkirchentag, der am Tag vor seiner Verabschiedung mit knapp 80 Kindern im Alter von 6 bis 11 Jahren auf dem Gelände von St. Michaelis in Eversburg stattfinden wird. „Allein das sagt sehr viel über den Einsatz von Waldemar Kerstan aus: Am Tag vor der Entpflichtung noch eine so aufwändige und gleichzeitig spannende Veranstaltung für Kinder anzubieten. Wir sind dankbar für 41 Jahre diakonischen Arbeitens“, so Jeska.
42 Jahre Treue zum Kirchenkreis Osnabrück
Seit 42 Jahren ist Diakon Dirk Hartung in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers tätig, „dem Kirchenkreis Osnabrück bin ich in der ganzen Zeit treu geblieben“, sagt Hartung. Ausgebildet wurde er – ebenso wie Kerstan – an der Evangelischen Missionsschule Unterweissach in der Nähe von Stuttgart. Hartungs erste Station nach der Ausbildung führte ihn in die Paul-Gerhardt-Gemeinde und damit nach Rulle, Lechtingen und Osnabrück-Haste. „Nach drei Monaten merkte der Kirchenvorstand, dass die Diakonenstelle nicht offiziell freigegeben war. Diskussionen mit dem Landeskirchenamt in Hannover folgten – mit dem Ergebnis, dass ich bleiben durfte“, erinnert sich Hartung. Sechs Jahre blieb er in der Paul-Gerhardt-Gemeinde und arbeitete vier Jahre lang mit einem Teil seiner Arbeitszeit in der Thomasgemeinde. 1986 wechselte Hartung in die Matthäusgemeinde. Von 1999 bis 2009 war Hartung als erster Regionaldiakon in der Region Süd für die Konfirmand*innen-Arbeit und die Jugend zuständig.
Neue Form der Senior*innenarbeit aufgebaut
Seit 2009 gehört er zum Team der damals gegründeten Südstadtkirchengemeinde und war hier von 2009 bis 2012 Geschäftsführer. Anschließend übernahm er das Ehrenamtsmanagement und Fundraising. Außerdem baute der Literaturkenner eine neue Form der Arbeit für und mit Senior*innen auf – die Senior*innen-Akademie. „Seit dem Beginn meines Dienstes habe ich mir eine Arbeit gewünscht, die wirklich offen ist für ‚neue‘ Menschen. Das ist bei der Akademie der Fall, denn die Teilnehmer*innen treffen sich wegen des Themas, das die Veranstaltung hat. ‚Neue‘ haben es leichter, sich zu integrieren“, berichtet Hartung. Niemand müsse sich ausgeschlossen oder wegen erzwungener Nähe bedrängt fühlen. Außerdem zeige die sehr gute Resonanz auf die Angebote, dass die Gemeinde sie schätze. Ein wichtiger Teil von Gemeindearbeit sei auch das Fundraising, betont Hartung. Wenn er Briefe mit der Bitte um Spenden und anschließend auch Dankesbriefe verschickt habe, sei ein Dialog zwischen der Kirchengemeinde und ihren Mitgliedern entstanden. „Menschen freuen sich über das, was in der Gemeinde geschieht. Und eine gute Sache unterstützen sie gerne – entweder durch Geld- oder Zeitspenden“, weiß Hartung aus Erfahrung.
„Wir sind sehr dankbar für den enormen und ausdauernden Einsatz von Diakon Hartung in unserer Kirche. Er hat stets den Blick auf die Menschen in unseren Gemeinden geworfen, dabei aber auch ein erstklassiges Gespür für die notwendige Atmosphäre in unseren Räumen gehabt“, lobt Superintendent Jeska den langjährigen Mitarbeiter.